Panamás Achillesferse: Proteste und wirtschaftliche Folgen
Um ein realistisches Bild des Lebens in Panamá und auch den Auswirkungen auf Investitionen zu geben, möchte ich heute ein Ereignis nicht aussparen, das letztes Jahr das Land für knapp 6 Wochen nahezu zum Stillstand gebracht hat und erhebliche wirtschaftliche Folgen gehabt hat und weiterhin nicht abschließend geklärt ist.
Die größten Proteste seit dem Ende der Diktatur 1989 richteten sich gegen den Minenbergbau der Firma First Quantum Minerals (FQM) und war geprägt von Massendemonstrationen und der Blockierung von wichtigen Verbindungsstraßen, so dass die Mobilität im Land massiv eingeschränkt wurde. Mit diesen Protesten waren insgesamt auch 4 Tote verbunden.
Viele Ausländer im Land berichteten aus ihrer emotionalen Betroffenheit heraus, heute versuche ich einen nüchteren Blick auf die Situation.
1% der weltweiten Kupfer-Produktion
Im Jahr 2023 erlebte Panama rund um die Mine von First Quantum Minerals (FQM) eine Reihe bedeutender Entwicklungen, die sowohl rechtliche als auch gesellschaftliche Auswirkungen hatten.
Der Oberste Gerichtshof Panamas erklärte das Gesetz 406, welches den Konzessionsvertrag für die Cobre Panama-Mine am 20. Oktober 2023 genehmigte, für verfassungswidrig. Diese Entscheidung folgte auf massive öffentliche Proteste und eine Welle der Ablehnung in der Bevölkerung gegenüber dem Minenprojekt und dessen Auswirkungen auf die Umwelt und die lokale Gemeinschaft.
Die Mine, die für etwa 1% der weltweiten Kupferproduktion verantwortlich ist und rund 5% zum Bruttoinlandsprodukt Panamas beiträgt und 75% der panamaischen Exporte ausmacht, sah sich mit Unterbrechungen der Produktion und Blockaden am Punta Rincón-Hafen konfrontiert. Diese Blockaden, verursacht durch Proteste, führten zu einer Reduzierung der Betriebsaktivitäten der Mine.
Die Proteste gegen das Minenprojekt zeichneten sich durch eine breite Beteiligung der panamaischen Gesellschaft aus, darunter Umweltaktivisten, indigene Gruppen, Arbeitsaktivisten und religiöse Gruppen. Man muss dazu bemerken, dass es auch viele aktivistische Gruppen gab, deren Motive und Bezahlung im Unklaren blieb.
Sie kritisierten nicht nur die finanziellen Bedingungen des Vertrags mit FQM, sondern auch die (behaupteten) umweltschädlichen Auswirkungen des Tagebaus.
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Dieser öffentliche Druck veranlasste Präsident Laurentino Cortizo, neue Bergbauzulassungen zu stoppen und ein öffentliches Referendum über den Vertrag mit FQM anzukündigen, welches am 17. Dezember stattfinden sollte. Doch das half kaum die Proteste zu beruhigen.
Ein wesentliches Anliegen der Proteste war die Befürchtung über Umweltrisiken wie die Kontaminierung von Trinkwasser und die Entwaldung auf dem 32.000 Hektar großen Minengelände.
Diese Ereignisse sind Teil einer längerfristigen Auseinandersetzung in Panama über die Auswirkungen und die Rolle des Bergbaus im Land. Die Geschichte zeigt, dass der Widerstand gegen das Projekt Cobre Panama und andere Minenprojekte tief in der Gesellschaft verwurzelt ist, mit Forderungen nach einem Ende der Bergbaukonzessionen auf indigenem Territorium.
Gewaltsame Proteste?
Bei den Protesten in Panama gegen die Cobre Panama-Mine von First Quantum Minerals kamen insgesamt vier Menschen ums Leben.
Diese Proteste, die zu den größten im Land seit Jahrzehnten zählen, haben neben den Todesfällen auch zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten und sozialen Unruhen geführt. Die öffentliche Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit den Protesten 190 Gerichtsverfahren eingeleitet, darunter wegen Vandalismus, Raub, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Erpressung, Amtsmissbrauch und Mord. 75 Personen wurden in Untersuchungshaft genommen, acht Personen wurden verurteilt und weitere 30 unterliegen gerichtlichen Auflagen.
Nicht unbedingt die Demonstrationen führten zu den Todesfällen, sondern die Folgewirkung. 2 Tote waren zu beklagen nachdem ein sehr alter Mann eine Waffe zückte und auf 2 Personen schoss, die die Straße blockierten.
Auch führte die Proteste zu Trittbettfahrer, die die Chance zu Vandalismus oder Raub nutzten.
Zu meinen persönlichen Erfahrungen komme ich später.
Wirtschaftliche Bedeutung der Mine und der Proteste
Die Cobre Panama-Mine, betrieben von der kanadischen Firma First Quantum Minerals, ist wirtschaftlich von großer Bedeutung für Panama. Die Mine hat seit ihrer Inbetriebnahme etwa 300.000 Tonnen Kupfer pro Jahr gefördert. Diese Produktion entspricht etwa 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Panama und stellt 75 Prozent der panamaischen Exporte dar.
Der Bergbausektor insgesamt trägt etwa 7 Prozent zum BIP Panamas bei, wobei die Cobre Panama-Mine als das bedeutendste Bergbauprojekt des Landes gilt.
Unter einem früheren Vertrag mit der Regierung zahlte First Quantum dem Staat jährlich 35 Millionen US-Dollar an Lizenzgebühren für das Recht, Kupfer abzubauen. Im Rahmen des neuen, nun für verfassungswidrig erklärten Vertrags wurde diese Summe zehnfach auf 375 Millionen US-Dollar pro Jahr erhöht. Diese deutliche Steigerung der Einnahmen für den Staat hätte dazu beitragen können, das Sozialversicherungssystem Panamas zu stützen und die Renten für mehr als 120.000 Rentner zu erhöhen.
Die wirtschaftlichen Verluste Panamas durch die Proteste gegen die Cobre Panama-Mine von First Quantum Minerals sind beträchtlich und vielschichtig. Die Protestaktionen, die sich gegen den Minenbetrieb und die damit verbundenen Umwelt- und sozialen Auswirkungen richteten, führten zu Blockaden von Straßen und Häfen, was wiederum die Betriebsfähigkeit der Mine erheblich beeinträchtigte. Durch diese Blockaden musste der Betrieb der Mine auf ein Minimum reduziert werden, was nicht nur direkte Verluste für First Quantum Minerals zur Folge hatte, sondern auch die Staatskasse Panamas und die lokale Wirtschaft traf.
Insbesondere wurde berichtet, dass die Proteste, die als "illegal und gewaltsam" von First Quantum bezeichnet wurden, zu einem Marktwertverlust des Unternehmens von 40 Prozent führten. Dies unterstreicht die finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen selbst. Darüber hinaus behauptete die panamaische Regierung, dass die Mobilisierungen den Staat täglich 80 Millionen US-Dollar kosteten. Diese Zahl spiegelt die Breite und Intensität der Proteste wider und belegt die erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hin, die weit über die unmittelbaren Betriebsverluste der Mine hinausgehen.
Diese Verluste umfassen nicht nur direkte finanzielle Einbußen durch den Stillstand der Produktion und die Verzögerung von Exporten, sondern auch indirekte Kosten, wie Beeinträchtigungen des Investitionsklimas, Verluste im Tourismussektor durch die Destabilisierung der Region und potenzielle langfristige Schäden an der Reputation Panamas als Standort für internationale Investitionen.
Ende der Proteste
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Panama, welches den neuen Bergbauvertrag mit der kanadischen Firma First Quantum für verfassungswidrig erklärte, wurde von den Protestierenden mit großer Freude und Erleichterung aufgenommen. In den Straßen Panamas wurde gefeiert; Menschen tanzten vor dem Obersten Gerichtshof, schwangen die panamaische Flagge und sangen die Nationalhymne. Das Urteil wurde als großer Sieg für die Bürger Panamas gesehen, die sich seit Wochen in massiven Protesten gegen die Mine engagiert hatten. Diese Protestbewegung war als die größte in Panama seit Jahrzehnten und führte zu einer erheblichen Mobilisierung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gegen das Bergbauvorhaben.
Die Bedeutung des Gerichtsurteils wurde mit der Feier zweier Unabhängigkeiten verglichen – der Unabhängigkeit von Spanien und der "Unabhängigkeit von der Mine". Nicht nur deshalb, weil es am Unabhängigkeitstag gefällt wurde. Dies unterstreicht die tiefgreifende Bedeutung, die die Bürger Panamas dem Erhalt ihrer Souveränität und dem Schutz ihrer natürlichen Ressourcen beimessen.
Die Reaktionen auf das Urteil und das Ende der Proteste verdeutlichen die komplexe Beziehung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, Umweltschutz und der Wahrung der (wahrgenommenen) nationalen Souveränität.
Aktuelle Situation bzgl. der Mine
Die aktuelle Situation um die Cobre Panama-Mine von First Quantum Minerals ist komplex und von rechtlichen sowie umweltbezogenen Herausforderungen geprägt.
Nachdem der Oberste Gerichtshof Panamas den Konzessionsvertrag für die Mine für verfassungswidrig erklärt hatte, leitete die panamaische Regierung einen geordneten und sicheren Schließungsprozess der Mine ein.
First Quantum Minerals hat in Reaktion auf die Entscheidung des Gerichts internationale Schiedsverfahren eingeleitet, um seine Rechte unter dem Konzessionsvertrag von 2023 zu schützen, der dem Unternehmen ein 20-jähriges Bergbaurecht mit der Option auf eine Verlängerung um weitere 20 Jahre gegen eine jährliche Zahlung von 375 Millionen US-Dollar an Panama gewährte. Dieses Verfahren findet in Miami, Florida, statt.
Parallel dazu kündigte das panamaische Ministerium für Handel und Industrie (MICI) an, einen "Schließungsplan" für die Cobre Panama-Mine zu verfolgen, der eine vorübergehende Phase der Umweltbewahrung und sicheren Verwaltung, Durchführung von Umwelt-, technischen und rechtlichen Prüfungen sowie die Bildung eines multidisziplinären Expertengremiums umfasst. Der "Schließungsplan" soll im Juni 2024 vorgestellt werden. Einen Monat nach der nächsten Parlamentswahl und Präsidentschaftswahl…
Diese Entwicklungen verdeutlichen die Unsicherheit und die potenziell langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen, die vor FQM liegen, um seine Investitionen und Rechte zu schützen. Die Schließung der Mine hat weitreichende Auswirkungen, nicht nur auf die Umwelt und die lokale Gemeinschaft, sondern auch auf den globalen Kupfermarkt und die Wirtschaft Panamas. Cobre Panama trägt etwa 1,5% zur weltweiten Kupferproduktion bei und macht etwa 5% des BIP Panamas sowie 75% der Warenexporte des Landes aus.
Weitere Risiken für Panamá
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, den Vertrag mit First Quantum Minerals für die Cobre Panama-Mine für verfassungswidrig zu erklären, bringt mehrere Risiken für die Staatsfinanzen Panamas, seine Kreditwürdigkeit und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung des Landes mit sich:
Verlust von Einnahmen für den Staat:
Die Cobre Panama-Mine war eine bedeutende Einnahmequelle für Panama, mit der erwarteten Zahlung von 375 Millionen US-Dollar pro Jahr unter dem neuen Vertrag. Dieser Betrag, der eine deutliche Steigerung gegenüber den vorherigen 35 Millionen US-Dollar darstellte, hätte wesentlich zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben und zur Unterstützung des Sozialversicherungssystems beitragen können. Der Wegfall dieser Einnahmen könnte zu einem Defizit in den Staatsfinanzen führen und den finanziellen Spielraum der Regierung einschränken.
Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit:
Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit, die durch die Entscheidung und die damit verbundenen Proteste entstanden ist, könnte sich negativ auf die Kreditwürdigkeit Panamas auswirken. Ratingagenturen wie Moody's und JP Morgan haben bereits gewarnt, dass die Kontroverse um die Mine und ihre mögliche Schließung Panamas Investitionsgrad-Bonität gefährden könnte. Eine Herabstufung würde die Kreditkosten für Panama erhöhen und könnte ausländische Investitionen abschrecken.
Auswirkungen auf ausländische Direktinvestitionen:
Die Entscheidung könnte als Signal an ausländische Investoren interpretiert werden, dass Investitionen in Panama mit rechtlichen und politischen Risiken verbunden sind, besonders im Bereich der Rohstoffgewinnung. Dies könnte zukünftige Investitionen in den Bergbausektor und möglicherweise auch in andere Sektoren der panamaischen Wirtschaft beeinträchtigen. Die Verringerung ausländischer Direktinvestitionen könnte das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Panama negativ beeinflussen.
Wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung:
Die Cobre Panama-Mine war nicht nur eine wichtige Quelle staatlicher Einnahmen, sondern auch ein bedeutender Arbeitgeber, der direkt und indirekt für Zehntausende von Arbeitsplätzen verantwortlich war. Die Unsicherheit über die Zukunft der Mine und die mögliche Einstellung des Betriebs könnten zu Arbeitsplatzverlusten führen und die wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Regionen bremsen.
Risiko eines Wiederaufflammens des Konflikts:
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und das vorläufige Ende der Proteste lösen nicht unbedingt alle zugrunde liegenden Spannungen, die zu den massiven Demonstrationen gegen die Cobre Panama-Mine geführt haben. Sollte die Regierung Panamas versuchen, einen neuen Vertrag auszuhandeln oder alternative Wege zu finden, um die Mine weiterhin zu betreiben, könnte dies zu erneuten Protesten und sozialen Unruhen führen. Ein solches Szenario würde die politische Stabilität weiter gefährden und könnte zusätzliche negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Investitionstätigkeit haben. Das Risiko eines Wiederaufflammens des Konflikts trägt zur Unsicherheit bei, die bereits die wirtschaftliche Entwicklung Panamas und seine Anziehungskraft als Investitionsstandort beeinträchtigt.
Diese andauernde Unsicherheit könnte auch langfristige strategische Planungen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erschweren. Investoren und Unternehmen benötigen ein stabiles und vorhersehbares Umfeld, um Kapital zu binden und Projekte zu realisieren
Meine persönliche Erfahrung
Ich habe die Proteste und die Folgewirkungen insbesondere als lästig für das persönliche Leben empfunden. Die Schließung von wichtigen Verbindungsachsen für das Land hat über 6 Wochen die Mobilität stark eingeschränkt, die Verfügbarkeit von Gemüse in Panamá-Stadt und Benzin auf dem Land reduziert und dadurch die Preise explodieren lassen.
Die Stimmung im Land war durchaus weniger fröhlich, als normal. Wobei man auch bemerken muss, dass Demonstrationen hier zumeist mit Sängern, Tanz und Wurstverkauf einhergehen. Ein einziges Mal sind - meine Verlobte und ich - auf dem Heimweg vom Abendessen im Restaurant in Panamá-Stadt in eine Demonstration geraten, die in Vandalismus überging. Wir beeilten uns schnell nach Hause zu kommen und spürten bereits das Tränengas in der Luft. 5 Minuten nachdem wir zu Hause angekommen waren, konnten wir aus dem Fenster beobachten, wie die Polizei erfolgreich die Akteure vertrieb.
In Panamá-Stadt waren die Folgen verhältnismäßig ertragbar. Für viele Ausländer waren es sicherlich ungewohnte Ereignisse.
Auf dem Land war die Verfügbarkeit von Gütern stärker eingeschränkt und dementsprechend der Schmerz größer. Für uns fielen die Proteste in die Zeit, in der eigentlich unser Umzug aufs Land geplant war. Diesen haben wir tatsächlich bis nach den Protesten aufgeschoben. Nicht zuletzt wegen der Schwangerschaft meiner Verlobten. Die Vorstellung im Falle der Notwendigkeit ins Krankenhaus zu fahren und dann auf eine Straßenblockade zu treffen, hat uns doch etwas abgeschreckt.
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Nachdem die Proteste vorbei waren drehte das Leben von einem auf den anderen Moment wieder auf normal, als ob nie etwas gewesen wäre. Dies war ebenso eine beeindruckende Erfahrung. So schnell wie das Thema kam, war es wieder verschwunden und alles ging wieder seinem gewohnten Lauf.
Diese Erfahrungen sind wohl notwendig, um zu akzeptieren, dass man auch kulturell schlicht in einem anderem Land lebt. Ein Land, dass mit bis zu 25% indigener Bevölkerung andere Herangehensweisen an Situationen wie diese hat. Wer nur mit einem “deutschen” Blick auf die Situation schaut, wird die Entwicklungen nicht verstehen und schnell frustriert sein. Aber dies gilt wohl für viele Dinge, wenn man als Ausländer in einem anderem Land lebt.
Zur keiner Zeit haben diese 6 eher schwierigen Wochen in mir Zweifel an der Entscheidung für Panamá wachsen lassen.
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